(37) „Generation Deutschland“: Radikal oder nur konservativ? Mit Ruth Korte
Show notes
Die AfD hat in Gießen ihre neue Jugendorganisation „Generation Deutschland“ gegründet. Erste Eindrücke: nationalistisch, ausgrenzend, christlich kaum relevant – aber wie radikal ist diese Gruppierung wirklich? Und was unterscheidet sie von der alten „Jungen Alternative“?
Darüber spricht PRO-Redaktionsleiter Digital Nicolai Franz mit der Journalistin Ruth Korte vom Gießener Anzeiger. Sie war beim Gründungskongress vor Ort, hat Reden, Stimmung und Auftreten der jungen AfD-Mitglieder beobachtet und ordnet ein, wie stark völkische Positionen, Remigrationsforderungen und ein exklusives Menschenbild dort vertreten wurden. Außerdem geht es darum, welche Rolle der christliche Glaube auf dem Parteitag spielte – und welche nicht.
Artikel von Ruth Korte im „Gießener Anzeiger“.
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Show transcript
Nico: Die AfD hat am Wochenende in Gießen eine neue Jugendorganisation gegründet.
Nico: Zehntausende Menschen demonstrierten in der Studentenstadt Gießen gegen diese
Nico: Gründung, die allermeisten friedlich.
Nico: Aber es kam eben auch zu Gewalt zwischen Demonstranten und der Polizei.
Nico: Und es wurden sogar auch Journalisten angegriffen von einigen Demonstranten.
Nico: Und die Demonstranten wollten es eben nicht ohne Widerspruch einfach hinnehmen,
Nico: dass junge Menschen eine neue rechte Organisation gründen.
Nico: Denn die Demokratie ist in Gefahr, davon sind sie überzeugt.
Nico: Wir haben alle die Bilder gesehen von den Straßen Gießens.
Nico: Es ist nicht zu diesen bürgerkriegsähnlichen Zuständen gekommen,
Nico: weil die Polizei die Lage eigentlich einigermaßen gut im Griff hatte.
Nico: Und wir haben auch einige Szenen aus dem Inneren der Gießener Messe gesehen,
Nico: wo die Generation Deutschland sich gegründet hat.
Nico: Aber was ist da jetzt eigentlich geschehen? Wie radikal ist diese neue Gruppierung?
Nico: Oder ist sie vielleicht einfach nur konservativ?
Nico: Und welche Rolle hat der christliche Glaube da eigentlich gespielt,
Nico: auf den sich manche auch beziehen?
Nico: Darüber spreche ich heute mit Ruth Korte vom Gießener Anzeiger.
Nico: Ruth war nicht nur mit dabei, als die Generation Deutschland gegründet wurde,
Nico: sondern wir sind sogar in einer Gemeinde zusammen. Ruth, herzlich willkommen.
Root: Ja, vielen Dank. Danke für die Einladung.
Nico: Und ich bin Nikolai Franz vom christlichen Medienmagazin Pro.
Nico: Ruth, nach den Ereignissen vom Wochenende, wie geht es dir eigentlich damit?
Root: Ja, also das Wochenende war intensiv. Das hat uns natürlich nicht nur den Samstag
Root: beschäftigt, sondern auch in den Tagen davor und auch am Sonntag.
Root: Denn unsere Zeitung erscheint ja immer montags, das heißt, wir müssen sonntags schreiben.
Root: Und inzwischen fühle ich mich wieder gut erholt, weil es sind ein paar Stunden
Root: vergangen. Ich konnte auch wieder gut schlafen.
Root: Ja, und ich bin einfach froh, dass unsere Stadt noch steht, dass es hier nichts Schlimmeres gab.
Root: Es war ja im Vorfeld relativ unklar, was so passiert. Und es hat hier nichts gebrannt.
Root: Die Proteste gingen einigermaßen friedlich vonstatten. Und ja,
Root: wir sind, glaube ich, einfach richtig froh, dass dieses Wochenende vorbei ist
Root: und einigermaßen glimpflich verlaufen ist.
Nico: Ja, da sind wir auch froh. Und du wohnst ja in Gießen und auch gar nicht so weit weg von der Messe.
Nico: Dann müsste man ja eigentlich davon ausgehen, dass du relativ schnell eigentlich
Nico: auch da gewesen bist, aber es ist dann anders gewesen.
Nico: Kannst du uns dann mal mit hineinnehmen in diese Fahrt zur Gießener Messe,
Nico: die eigentlich nur ein paar Minuten sein müsste?
Root: Ja, genau. Also wir wohnen in der Innenstadt. Und wie es halt so in Gießen ist,
Root: man kann eigentlich alles zu Fuß oder mit dem Rad erreichen.
Root: Aber das war gerade an dem Samstag, wo der Gründungskongress stattfand, vermutlich schwierig.
Root: Und deswegen bin ich nicht wie die anderen Journalisten, die sich ja teilweise
Root: durch die Mengen schlagen mussten, wie die Teilnehmer der ARSD,
Root: zu Fuß gegangen zur Hessenhalle, sondern ich bin über den AfD-Landesverband
Root: Hessen mit dem Bus reingekommen.
Root: Die hatten sich schon in den frühen Morgenstunden in einer hessischen Kleinstadt getrunken.
Root: Ich bin einfach dazugekommen, war auch klar, dass ich von der Presse bin.
Root: Ein paar Leute kannte ich auch bereits von Vorberichterstattungen.
Root: Und wir sind dann um fünf losgefahren und haben für eine Strecke,
Root: für die man normalerweise, ich würde jetzt mal schätzen, 20,
Root: 30 Minuten braucht, sechs Stunden gebraucht.
Root: Das hatte damit zu tun, dass wir, also ich sage jetzt wir, ich gehöre nicht
Root: zum AfD-Landesverband, sondern ich saß halt mit im Bus mit überwiegend jungen Männern.
Root: Wir haben halt auf andere Busse gewartet und auf eine Polizeieskorte und dann
Root: war lange die Sicherheitssituation unklar in Gießen, sodass wir viel auf Rasthöfen
Root: verbracht haben, viel Zeit,
Root: bis die Lage einigermaßen übersichtlich war und sicher war und wir dann mit
Root: sechsstündiger Verspätung in Gießen eingetroffen sind. Und nee, das ist nicht richtig.
Root: Der Kongress sollte um 10 Uhr beginnen. Das war ja so der Startpunkt.
Root: Wir kamen um kurz vor 12 Uhr, sind wir in Gießen eingerollt.
Nico: Okay, und ist auf dem Weg dahin, das war ja vor allen Dingen wahrscheinlich
Nico: der Großteil von dem, was du so mitbekommen hast, von außen.
Nico: Hast du da Feindseligkeiten wahrgenommen und wie war die Stimmung da im Bus unter den AfDlern?
Nico: Das ist ja schon was Besonderes jetzt bei den Politikern mitzureisen und eben
Nico: nicht, wie die Journalisten normalerweise eben reinkommen.
Nico: Da gab es ja auch einige Berichte, wo man sich da irgendwie durchschlagen musste
Nico: und lange anstehen musste.
Nico: Aber du warst ja quasi Embedded Journalist sozusagen. Wie hast du das da empfunden?
Root: Also ich wurde direkt am Anfang vorgestellt als jemand von der Presse mit dem
Root: Zusatz, benehmt euch also Jungs.
Root: Von daher glaube ich, dass die Männer, die mit mir da drin saßen,
Root: sich schon gezügelt haben.
Root: Aber es hatte schon was von Klassenfahrt, allerdings mit einer Jungs-Klasse.
Root: Also es saßen auch zwei, drei Mädels im Bus, aber die überwiegende Zahl war
Root: männlich. Die waren aber entspannt.
Root: Also als dann um vier, halb fünf die ersten Demonstrationen in Gießen losgingen,
Root: wurden natürlich auch die Handy-Videos rumgezeigt und die Livestreams gezeigt.
Root: Ja, da kam dann mal so ein Spruch wie, naja, sollen sie doch oder ist ja die beste Werbung für uns.
Root: Aber so insgesamt war es okay. Also ich fand jetzt nicht, dass die sich übermäßig
Root: dumm oder irgendwie extremistisch verhalten haben.
Root: Die hat auf Dauer ein bisschen genervt, dass wir da von Rastplatz zu Rastplatz
Root: tingeln mussten und nicht immer klar war, wie ist jetzt die Lage.
Root: Gleichzeitig muss man aber auch sagen, dass diese Gruppe, genau wie alle anderen AfDler,
Root: schon darauf vorbereitet wurden, dass es sehr wahrscheinlich nicht pünktlich
Root: beginnen wird am Samstag und es sein kann, dass wir mehrere Stunden brauchen
Root: werden, weil die Demonstrationen und auch Proteste angekündigt waren.
Root: Und davon auszugehen war, dass es auch Blockaden geben wird und wir nicht eher
Root: nach Gießen reingelassen werden, bis die Lage nicht sicher ist.
Root: Also es hatte auch natürlich bei allem, also obwohl es total hart genervt hat,
Root: da ständig zu warten, hat das natürlich auch den Aspekt, okay,
Root: es hat halt einfach auch was mit Sicherheit zu tun.
Root: Und zwischendurch wurde dann auch das Video gezeigt von dem AfDler,
Root: der auf eigene Faust losgezogen ist und in der Nähe der Hessenhallen geparkt
Root: hatte und dann von einer Gruppe junger Männer angegriffen wurde,
Root: wurde dann auch umgezeigt und da wurde dann halt auch nochmal deutlich, okay,
Root: das ist schon ganz gut, dass wir hier alle in diesem Bus sitzen und so nach Gießen reinkommen.
Nico: Ja, dieses Aktionsbündnis, was dazu eingeladen hatte, also eine von mehreren
Nico: Demonstrationen, die es da gab,
Nico: hatte ja zum erklärten Ziel, die Veranstaltung zu verhindern,
Nico: also im Sinne von Faschismus bekämpfen und gar nicht erst es zulassen,
Nico: dass die AfD eine Jugendorganisation neu gründen kann.
Nico: Es gab ja schon mal die JA, die junge Alternative, die dann als zu extremistisch
Nico: dann auch gesehen wurde von der AfD-Parteiführung, also von der Runde.
Nico: Der Partei der, wie soll man sagen, erwachsenen AfDler.
Nico: Es gibt ja jetzt auch die neue, die Vorgabe, dass wenn man in der Jugendorganisation
Nico: der AfD sein will, in der Generation Deutschland, dann muss man auch in der AfD-Mitglied sein.
Nico: Dadurch versucht man ja natürlich ein bisschen Kontrolle zu bekommen,
Nico: aber es ist eben nicht gelungen, diese Neugründung zu verhindern.
Nico: Und du hast das ja dann mitbekommen, als es dann mit Verspätung losgehen konnte.
Nico: Im Innern der Halle, was hat sich da dir für ein Bild geboten?
Nico: Hattest du das so erwartet, wie du es empfunden hast?
Nico: Waren da irgendwie auffällig gekleidete Menschen?
Nico: Was ist dir da sofort ins Auge gestoßen? Waren das eher so konservative,
Nico: junge Leute, wahrscheinlich überwiegend Männer?
Nico: Oder waren das auch Leute, wo man vom Äußeren her schon denken könnte,
Nico: das könnte auch noch mal ein bisschen eher am rechteren Rand zu verorten sein?
Root: Ich versuche es mal zu beantworten. Also die Stimmung war schon ordentlich aufgeheizt.
Root: Das fing aber auch schon an, als wir in Gießen einrollten.
Root: Denn wenn man aus dem Fenster guckt und aus einem Bus, der schwer bewacht ist,
Root: der eskortiert wird und man fährt an diesen ganzen Polizeibussen vorbei, an Wasserwerfern,
Root: an Polizisten, die Demonstranten zurückhalten, an Demonstranten,
Root: die einem was zugröhlen, den Mittelfinger zeigen.
Root: Übrigens war auch ein hochgehobener Daumen mit dabei, also das schon auch.
Root: Da hat man auch gemerkt, wie die Stimmung im Bus anders wurde.
Root: Also es wurde da viel mehr gegrölt und trotzig gejubelt, würde ich das jetzt mal so sagen.
Root: Und als wir dann ausgestiegen sind auf dem Gelände der Hessenhallen,
Root: hat auch einer von den jungen AfDlern gesagt, jetzt haben wir uns aber wieder setzt.
Root: Also die haben das schon irgendwie aufgegriffen, die Stimmung da.
Root: Drin ging es dann relativ zügig. Ich habe mich dann zügig akkreditiert,
Root: wurde halt auch wie alle anderen abgesucht.
Root: Also da waren halt auch strenge Sicherheitskontrollen.
Root: Ich stolperte dann in die Halle, als gerade der Chrupalla dabei war,
Root: die jungen Mitglieder seiner Partei zu begrüßen.
Root: Dazu kommen wir vielleicht auch später noch zu dem, was er gesagt hat,
Root: aber so vom Publikum her würde ich sagen, da saßen jetzt nicht die klassischen
Root: glatzköpfigen Rechtsradikalen, so kann man sich das nicht vorstellen,
Root: sondern ich habe zu meinem Mann gesagt, das ist eher so dieses Burschenschaft-Chick gewesen.
Root: Also die haben so super viele gegelte Haare, habe ich gesehen,
Root: blaue Sakkos, Lackschuhe, aber auch so Sneaker, viele in blauen Farben und mit
Root: einem umgedrehten Nike-Zeichen.
Root: Also dann wiederum mit dem Parteilogo der AfD, Jäger, Jacken.
Root: Ich will jetzt hier niemanden in irgendeine Schublade stecken,
Root: aber das war ja so die gestriegelte jungen Internats-Elite, so kann man sich
Root: das ungefähr vorstellen.
Nico: Also nicht das, was man jetzt bei der grünen Jugend unbedingt erwarten würde
Nico: und auch nicht das, was man bei der jungen Union erwarten würde.
Root: Also nach Fokuhilas oder irgendwelchen Schnäuzern hat man lang gesucht.
Root: Das fände man da jetzt nicht.
Root: Das war eher so, wie ich es beschrieben habe. Und wenig Frauen.
Root: Ich habe ein junges Mädel gesehen im Dirndl und mit geflochtenen Zöpfen.
Root: Und ja, viele Mädels waren halt ganz offensichtlich weiblich gekleidet,
Root: würde ich jetzt mal so sagen. spricht nicht für alle, ich habe ja sicherlich
Root: auch nicht alle gesehen, aber die, die ich gesehen habe, ja,
Root: waren sehr weiblich gekleidet, wo schon klar war.
Nico: Das ist ja auch alles nicht verboten, darf man ja auch. Also alles kein Problem.
Nico: Aber es ist ja interessant, in welchem Milieu man sich dann da befindet.
Nico: In der Halle gab es ja dann auch Bewerbungsreden, verschiedene Leute,
Nico: also nicht nur die Parteiführung mit Herrn Koppalla und Frau Weidel,
Nico: die dann da waren, sondern eben auch von denen, die gewählt werden wollten.
Nico: Es gab da einen Ausschnitt, der besonders für Verorbe gesorgt hat.
Nico: Und zwar der junge Mann Alexander Eichwald, der sich beworben hat.
Nico: Und wir hören mal kurz rein in seine Rede, die er da gehalten hat.
System: Denn die Liebe und Treue zu Deutschland teilen wir uns hier gemeinsam.
System: Denn was wir im individuellen Herzen tragen, teilen wir uns hier alle in entschlossener Eintracht.
System: Das Wohl und die aufrechte Haltung unseres Volkes,
System: unserer Heimat, unserer Kultur und die Sicherstellung einer Zukunft,
System: wo ein deutsches Kind nie wieder Scham empfinden sollte, deutsch zu sein,
System: weil es zu einer Minderheit an einer deutschen Schule wurde.
Nico: Ja, das soweit der Ausschnitt.
Nico: Selbst auf Twitter hörte man dann auch schon im Hintergrund so ein bisschen Tumult.
Nico: Es wurde auch zur Ordnung gerufen und es gab dann sofort die ersten Vermutungen,
Nico: hat sich da jemand von der Heute-Show irgendwie eingeschleust.
Nico: Ist das ein Satiriker, der so eine Mischung aus Goebbels und Hitler versucht zu imitieren?
Nico: Ruth, was war da los? Wie hast du das da empfunden?
Root: Also die Rede von dem jungen Mann, Alexander Eichwald ist das,
Root: aus Herford, kam nach einer ganzen Reihe von Reden von Leuten,
Root: die sich halt für Sitze im Bundesvorstand beworben haben.
Root: Und diese Reden, die waren schon an sich super hitzig.
Root: Also da gab es viel Rede von Heimat, Migrantengewalt, der Islam gehört nicht
Root: zu Deutschland, sodass ich mir erst gar nicht so viel dabei gedacht habe,
Root: weil man hatte sich an so einen gewissen Ton gewöhnt.
Root: Aber dieses rollende R und diese Gestik, die ja total an Goebbels und Hitler
Root: erinnert, die haben mich dann doch aufschrecken lassen.
Root: Den Leuten mit mir in der Presseabteilung, denen sind alle die Kinnladen runtergefallen.
Root: Ich habe auch direkt mein Handy draufgehalten und meinem Chef geschickt,
Root: okay, das wäre jetzt vielleicht ein Fall für den Staatsschutz,
Root: aber es wurde immer grotesker.
Root: Und man merkt auch anhand der Reaktionen im Raum, also irgendwie scheint hier
Root: auch der Großteil sich ein bisschen verarscht zu fühlen.
Root: Das war schon ziemlich krass, auch was er von sich gegeben hat.
Root: Und er wurde ja dann auch gefragt. Also es lief immer so, es haben sich Leute
Root: beworben um einen Platz im Bundesvorstand.
Root: Und die haben dann einen Redeanteil bekommen von 90 Sekunden, glaube ich.
Root: Wer darüber war, wurde dann tatsächlich auch gebremst. Und danach konnten die
Root: Leute, die im Saal waren, halt abstimmen.
Root: Aber davor gab es dann noch die Möglichkeit, dass die Leute,
Root: die im Raum waren, Rückfragen stellen an die Redner. Und er hat sich dann,
Root: glaube ich, direkt als erstes gefragt, ob er ein V-Mann wäre oder so.
Root: Also es wurde halt einfach nicht wirklich ernst genommen.
Root: Man muss aber dazu sagen, dass in der Abstimmung, ich weiß gar nicht mehr gegen
Root: wen er angetreten ist, er immerhin zwölf Prozent der Stimmen bekommen hat.
Root: Das finde ich gar nicht so wenig und das macht mich auch ein bisschen nachdenklich, ehrlicherweise.
Root: Denn der Ton, die Gestik und die Inhalte waren halt schon sehr, sehr, sehr fragwürdig.
Nico: Ja und wie hast du das ansonsten, du hast schon mal gesagt, es ist so ein gewisser
Nico: Ton angeschlagen worden und wir haben jetzt natürlich ein Extrembeispiel gehört,
Nico: aber eigentlich freuen sich ja viele Menschen,
Nico: wenn sich die Jugend engagiert politisch, also Verantwortung übernimmt bei den Jusos.
Nico: Das sind die Jugendsozialisten, die Jugendorganisationen der SPD,
Nico: die sorgen sich dann um die soziale Gerechtigkeit und solche Themen,
Nico: natürlich auch Identitätsthemen und so.
Nico: Bei der Jungen Union sind es eben die jungen Konservativen und auch Liberalen
Nico: und so, die sich dann engagieren.
Nico: Bei der grünen Jugend gibt es nochmal andere.
Nico: Die FDP hat ihre Jugendorganisation, die Linkspartei und so.
Nico: Und was ist denn aber, und alle haben ja so ein Anliegen, was sie irgendwie
Nico: politisiert und da sind jetzt ja viele in der, jetzt auch im Vorstand der Partei, die 2013,
Nico: als die AfD gegründet wurde, wahrscheinlich noch Kinder waren.
Nico: Wie hast du das denn so erlebt? Was hat diese jungen Menschen politisiert?
Nico: Was hat sie dazu bewogen, in die Politik zu gehen?
Root: Das ist schwer zu beantworten, weil ich natürlich nicht mit jedem gesprochen
Root: habe und das auch nicht bei jeder Rede herauskam.
Root: Was natürlich schon häufig angesprochen wurde, ist das Jahr 2015.
Root: In dem ja die damalige Bundeskanzlerin und CDU-Politikerin Angela Merkel die
Root: Grenzen nicht geschlossen hat, sondern viele Menschen, die Hilfe und Zuflucht
Root: gesucht haben, ins Land gelassen haben. Also das wurde häufig genannt.
Root: Ich würde jetzt mal schätzen, dass über die Hälfte der Leute damals 12, 13 war, wenn überhaupt.
Root: Das ist, denke ich, vielleicht so ein Momentum, der dazu geführt hat,
Root: dass sie sich politisiert haben.
Root: Ich habe aber im Vorfeld dieses Gründungskongresses mit drei Jugendlichen aus
Root: dem AfD-Landesverband Hessen gesprochen.
Root: Ich habe die in der Redaktion eingeladen, um einfach mal zu erfahren,
Root: warum seid ihr in der AfD?
Root: Was fasziniert euch an der Partei? Was hat euch politisiert?
Root: War die Partei der AfD die erste Partei, der ihr euch zugehörig gefühlt habt?
Root: Und was meint ihr, ist daran so anziehend auch für andere? Und da wurde tatsächlich
Root: auch immer wieder dieses Ja genannt und dass wir so viele Probleme hätten,
Root: weil wir zu viele Migranten im Land hätten.
Root: Und eine junge Dame aus Offenbach, die sich auch sehr stark politisch engagiert,
Root: sie selbst noch Schülerin,
Root: hat mir berichtet, dass sie unschöne Erlebnisse mit Männern mit migrantischem
Root: Hintergrund, das war so der O-Ton tatsächlich, gehabt hat.
Root: Und das hätte sie dazu gebracht, mehr in die rechte als in die linke Ecke politisch
Root: zu schauen, als sie sich versucht hat zu orientieren.
Root: Ja, das ist das zumindest, was ich von den Leuten erzählen kann.
Root: In den Reden, so habe ich das nicht herausgehört, was dazu geführt hat.
Root: Es wurde auch generell wenig über die aktuellen Probleme gesprochen.
Root: Also das Wort Migranten ist millionenfach gefühlt gefallen, aber Themen wie
Root: Rente, Wirtschaft, Europa, Krieg, Klima.
Root: Gut, das war ja noch zu erwarten, dass es darum wahrscheinlich nicht gehen wird,
Root: weil die AfD ist ja jetzt nicht die ausgewiesene Klimaschutzpartei,
Root: im Gegenteil, aber da ging es halt überhaupt nicht drum.
Root: Also es sind auf jeden Fall nicht anscheinend diese Themen gewesen,
Root: die die jungen Leute, die sich da haben aufstellen und in den Bundesvorstand
Root: wählen lassen, dazu bewogen haben, sich politisch zu engagieren.
Root: Das scheint es nicht gewesen zu sein.
Root: Das hat man auch sehr gesucht auf diesem Tag. Also ich habe diese Themen nirgends gefunden.
Nico: Ja, wir hören nochmal in einen anderen Ausschnitt rein.
Nico: Und zwar haben wir schon gesagt, es waren natürlich überwiegend Männer,
Nico: die sich da aufgestellt haben. Es gab auch Frauen.
Nico: Eine von ihnen ist Julia Gerbkens. Sie ist auch in den Bundesvorstand gewählt worden.
Nico: Sie stand dann auf der Bühne, hat sich vorgestellt und in ihrer Bewerbungsrede hat sie dann das gesagt.
System: Klar, wir sind Mädchen, Frauen und Mütter und wir lassen uns unsere naturgegebene
System: Identität und unseren Stolz nicht durch geisteskranken und bösartige Ideologien
System: von Feminismus und Vokeness nehmen.
System: Sollen die da draußen doch toben, so viel sie wollen.
System: Sie wissen, sie haben verloren, dass wir den Pulver der Geschichte,
System: den Funken in das Pulver der Geschichte setzen. Denn nur millionenfache Remigration
System: schützt unsere Frauen und Kinder.
Nico: Ja, nur millionenfache Remigration schützt unsere Frauen und Kinder.
Nico: Also hier aus der Sicht einer jungen Frau beschrieben, auch das ganz klar gegen
Nico: dieses Identitätspolitische, also wir sind die Anti-Woken,
Nico: hat das eine große Rolle gespielt, eben auch aus so einer feministischen Sicht,
Nico: wenn man das so nennen kann.
Nico: Eigentlich ist es ja sicherlich nicht der Feminismus, den man so erwarten würde,
Nico: aber in der AfD ist das ja durchaus ein großes Thema immer wieder.
Nico: Schützt unsere Frauen, ich meine natürlich damit die deutschen Frauen,
Nico: vor den, ich gebe das mal so überspitzt, wieder vor den Vergewaltigern,
Nico: die Merkel uns ins Land geholt hat.
Nico: Inwiefern stand das so im Zentrum auch? Gerade wenn Frauen dann auch zu Wort kamen?
Root: Ja, also die Gerken, sie hatte ja zwei Sachen angesprochen. Das ist zum einen dieser Genderwahn.
Root: Also ich übernehme das jetzt mal so von ihr. Das wird auch tatsächlich auch
Root: von vielen so in den Reden genannt, dass das totaler Quatsch wäre sozusagen.
Root: Und ich weiß nicht, wie oft ich den Satz gehört habe, naja, wir hier in dem
Root: Raum wissen ja wohl hoffentlich um unser Geschlecht und wir wissen,
Root: dass wir Männer und dass wir Frauen sind,
Root: womit sie ganz eindeutig sich gegen die LGBTQ-Bewegung aussprechen und klar
Root: machen, also bei uns gibt es halt männlich, weiblich und das war's.
Root: Und das sehen die, wenn ich es richtig verstanden habe, auch als ihren Auftrag,
Root: das irgendwie zu schützen.
Root: Was den Schutz der Frauen angeht, auch das war Thema.
Root: Da waren nicht nur die Gerkins, die sich ja als eine der wenigen Frauen hat
Root: aufstellen lassen, Klammer auf, ihr Name war dann sogar noch falsch geschrieben,
Root: das war ein bisschen schade, Klammer zu.
Root: Da haben auch andere was zugesagt, unter anderem ein Mio Trautmann aus Baden-Württemberg,
Root: wenn ich es richtig in Erinnerung habe.
Root: Der sagte, der hatte sich halt dafür ausgesprochen, dass man abschieben sollte
Root: und dass die Startbahnen in Deutschland glühen.
Root: So hat er es gesagt, also ganz stark Richtung Abschiebung.
Nico: Von den Abschiebeflugzeugen sozusagen.
Root: Ganz genau, richtig.
Nico: Er hat doch, glaube ich, auch gegen Sie verloren.
Root: Ja, tatsächlich, er hat verloren.
Nico: In der Abstimmung.
Root: Genau. Und er sagte, der Islam gehört nicht zu Deutschland. Es sei vielmehr
Root: eine große Bedrohung für unsere Kultur, unsere Kinder und Familien und unsere Art zu leben.
Root: Also da ist das in dem Kontext auch nochmal aufgetreten.
Root: Und ich habe mich auf dem Gelände zwischendurch mal so ein bisschen umgeguckt.
Root: Also es gab eine große Halle, in der auch der Kongress stattfand.
Root: Aber es gab auch noch was kleinere Halle, wo die Teilnehmer mal aufs Klo gehen
Root: und sich was zu essen kaufen konnten.
Root: Da gab es dann aber auch verschiedene Stände. Unter anderem gab es da halt Fanshop von der AfD.
Root: Da konnte man, ja, was man halt so kaufen kann. Taschen, irgendwelche T-Shirts oder Hoodies oder so.
Root: Aber da gab es halt auch so Aufkleber zu bekommen, auf denen eine junge Familie
Root: zu sehen war, Mutter, Vater, Kind oder ein anderer Aufkleber,
Root: da war eine junge Frau im Dirndl draufzusehen, blond.
Root: Ja, und das ging schon eindeutig so in die Richtung, wir sind die Schützerpartei
Root: der Familie, wir sind die, die sich dafür einsetzen, dass Familie geschützt
Root: wird, dass es Vater, Mutter, Kind gibt, Männer, Frauen.
Root: Interessanterweise gab es da auch noch mehr zu entdecken. Unter anderem waren
Root: diese Neurechtmagazine vom Deutschlandkurier und Krauzone da.
Root: Und dann gab es noch so diese völkischen KI-Mimes von Wilhelm Keschel.
Root: Da stand dann Halte, Wache, Ewig, Treu und so weiter drauf.
Root: Also das war schon, ja, hatte alles so einen völkischen Ballgeschmack,
Root: so ein Wir-müssen-uns-schützen-und-unsere-Familien-und-unsere-Frauen.
Root: Würde ich schon so bestätigen aus meiner Beobachtung.
Nico: Das sind ja alles so Themen, die sind im Ansatz ja auch jetzt,
Nico: ich sag mal, nicht verwerflich.
Nico: Also wenn es darum geht, im Gegenteil, also dass man Frauen vor Gewalt schützt,
Nico: dass man auch guckt, dass alles mit Recht und Ordnung zugeht und so.
Nico: Aber wenn man das mit so einem völkischen Gedanken verknüpft,
Nico: das heißt also, es zählt nicht die Staatsbürgerschaft, sondern es zählt eben die Abstammung.
Nico: Der Kandidat Eichwald, den wir eben hatten, der hatte ja dann auch den Vergleich
Nico: gebracht mit dem Schwein im Kuhstall.
Nico: Er sagte ja dann, wenn ein Schwein im Kuhstall geboren wird,
Nico: dann nennt man das Schwein ja auch nicht Kuh, nur weil es im Kuhstall geboren wurde.
Nico: Das ist dann auch weiterhin ein Schwein und die anderen Bürgerlichen,
Nico: die es jetzt so gibt in Deutschland, die würden ja auch sich dann reinrassige Hunde kaufen und sowas.
Nico: Das war natürlich jetzt ein Extrembeispiel von ihm, aber hast du solche Klänge sonst auch mal gehört?
Nico: Denn das ist ja das, was die AfD oder was den Verfassungsschutz ja dann auch
Nico: dazu bewogen hat, die AfD insgesamt als rechtsextremistisch einzuordnen.
Nico: Also nicht irgendwelche konkreten politischen Pläne im Parteiprogramm oder so,
Nico: sondern dieses völkische Denken und Einordnen von Menschen. Also.
Nico: Einteilen von Menschen aufgrund ihrer Abstammung, aufgrund ihres Blutes.
Nico: Das heißt, wenn jemand hier geboren ist, die deutsche Staatsbürgerschaft hat,
Nico: dann ist er noch lange nicht ein Deutscher, wenn er eben zum Beispiel die falsche Abstammung hat.
Nico: In Anführungsstrichen falsch, wenn er türkischstämmig ist oder wenn seine Eltern
Nico: aus Syrien geflohen sind und so.
Nico: Und das ist ja das, wo die AfD-Führung ja auch versucht, das tunlichst zu vermeiden,
Nico: dass das irgendwie zu laut in die Öffentlichkeit getragen wird.
Nico: Wie hast du das da erlebt?
Nico: Gab es solche Aussprüche noch mehr und wie hat das Publikum darauf reagiert?
Root: Also nochmal ganz kurz, um auf den Schutz von Frauen und Familie zurückzukehren und auf Kinder.
Root: Natürlich, das ist etwas, wofür sich jeder einsetzen sollte.
Root: Was mir aber da aufgefallen ist, dass es krass in eine Richtung geht und dass,
Root: nur damit auch Politik gemacht wird und das immer wieder genannt wurde.
Nico: Also so Ausländer- und Flüchtlingskriminalität als einziger Grund dafür.
Root: Genau, es wurden halt die migrantischen Männergruppen so als Feindbild dargestellt
Root: und das Idealbild Mann, Frau und Kind und Frau in Blond und Dirndl.
Root: Und das ist das, was mich stutzig und auch sehr hellhörig macht,
Root: weil ich denke, das hatten wir schon mal.
Root: Und wenn es nur darum geht, dann sollten bei uns allen alle Alarmglocken schrillen,
Root: denn das ist nicht die Vielfalt des Lebens, die wir inzwischen haben und die wir auch alle wollen.
Root: Also das ist das, womit ich ein Problem hatte und wo ich dann doch schwer erschrocken
Root: war, als ich das alles gesehen habe, dass das so frei verkäuflich teilweise
Root: zu verschenken da rumliegt und das ist nicht die Welt, in der ich leben möchte,
Root: ehrlicherweise, die einfach so,
Root: so einfach ist das Leben nicht so einfältig, muss man sagen.
Root: Ja, also die Reden waren feurig.
Root: Ich nenne klar, eine Jugendorganisation einer Partei ist natürlich noch mal
Root: ein bisschen krasser drauf als die Parteispitze, die im Bundestag sitzt und
Root: sich um ein bisschen gemäßigtere Töne vielleicht bemüht.
Root: Wobei ich das bei der AfD jetzt auch nicht immer sagen würde,
Root: wenn man sich da ein paar Debatten anschaut.
Root: Im Fernsehen muss man ja doch häufiger öfter mal schwer schlucken.
Root: Aber ja, auf dem Gründungskonklerz der Jugend, da wurde auf jeden Fall sehr
Root: hitzig, hitzige Reden gehalten.
Root: Und vom Inhalt her, muss ich sagen, hätte man alle irgendwie unter einen Kopierer leben können.
Root: Aber in ihrem Ausdruck und in der Art und Weise, wie es formuliert wurde,
Root: war dann doch jeder nochmal so ein bisschen speziell.
Root: Es gab einige Reden, die mir so ein bisschen in Gedächtnis geblieben sind.
Root: Ich habe mal ein bisschen mitgeschrieben, das war der Manuel Linnemann,
Root: der hatte sich zum dritten Vorsitzenden aufstellen lassen, wurde dann aber nicht gewählt.
Root: Der hatte gesagt, wir stehen zu einer stolzen Nation.
Root: Nur wer seine Wurzeln erkennt, kann wachsen, schaut in die Vergangenheit.
Root: Unser Volk wurde gedemütigt und beschädigt und heute sollen wir uns dafür schämen,
Root: Mann oder Frau zu sein und für unsere Lieder.
Root: Das sind Ausmaße, die wir auch nicht mehr mittragen wollen. Dieses Land gehört
Root: uns. Wir schämen uns nicht dafür, Mann und Frau zu sein.
Root: Der Jan-Richard Bär, der dann als erster stellvertretender Vorsitzender gewählt
Root: wurde, hat gesagt, Massenmigration muss nicht mehr gestoppt.
Root: Nein, sie muss sogar umgekehrt werden.
Root: Nur dadurch werden unsere Städte wieder sicher.
Root: Und der Mio Trautner, den ich schon vorhin zitiert hatte, der hat eben dieses
Root: Zitat gebracht, Die Abschiebungen im Land sollten endlich starten,
Root: dass die Startbahnen in Deutschland glühen.
Root: Wir müssen abschieben, abschieben, abschieben, hat da noch ein Helmut Strauf
Root: aus Bayern gesagt. Zwar so lange, bis Deutschland wieder Heimat wird.
Root: Das war so ziemlich der Grundtenor an diesem Nachmittag und das haben wir quasi
Root: als Presseleute in Dauerschleife gehört.
Root: Und das war noch nicht mal so, dass diese Reden einfach so zugehört wurden,
Root: sondern es sind auch immer wieder Leute aufgestanden, es gab Standing Ovations,
Root: es gab viel Applaus und Zustimmung.
Nico: Diese radikaleren Positionen, gab es dann eher Zustimmung dafür oder gab es
Nico: da auch mal Kontroversen über solche Themen?
Root: Nee, gar nicht. Also zumindest habe ich das nicht mitbekommen.
Nico: Wenn jemand mal gesagt hätte, Leute, wir wollen doch, man kann ja auch für Abschiebungen
Nico: sein und trotzdem rechtsstaatlich unterwegs sein, also dass abgelehnte Asylbewerber
Nico: dann auch abgeschoben werden sollen, rechtsstaatlich.
Nico: Aber man kann das dann ja auch verbinden mit, wir sind für jeden dankbar,
Nico: der sich hier integriert und nach unseren Werten hier lebt.
Root: Überhaupt nicht.
Nico: Gab es solche Einschränkungen?
Root: Gar nicht. Ich hatte ja, wie gesagt, im Vorfeld mit drei Jugendlichen gesprochen
Root: und hatte sie unter anderem auch angesprochen auf dieses Thema.
Root: Auch darauf, dass sie durchaus auch wahrnehmen vielleicht, dass es Leute gibt,
Root: die Angst vor ihrer Partei haben, also denen das Angst macht, was da gesagt wird.
Root: Und mir wurde in dem Gespräch geantwortet, also für uns muss niemand Angst haben.
Root: Wir wollen nicht einfach alle Menschen abschieben, sondern die,
Root: die sich hier nicht integrieren und straffällig werden. Darum geht es.
Root: Wir sagen nicht per se, wir wollen hier niemanden haben.
Root: Aber als ich da bei diesem Gründungskongress saß, hörte sich das überhaupt nicht mehr daran an.
Root: Es ging immer nur darum, dass Deutschland die Heimat der Deutschen ist und dass
Root: tunlichst abgeschoben werden soll. Und Remigration, das Wort ist immer wieder gefallen.
Root: Und da hatte ich den Eindruck, nee, es geht hier wirklich um reine Bio-Deutsche.
Root: Also es geht hier gar nicht mehr um die Leute, die hier, wie mir in dem Gespräch
Root: gesagt wurde, super gut integriert sind, sich einbringen und die unser Land auch bereichern.
Root: Da hat sich niemand zu geäußert, sondern es ging eher in die andere Richtung, ohne Gegenrede.
Nico: Du arbeitest ja beim Gießener Anzeiger als Redakteurin.
Nico: Ich arbeite bei der Pro, also wir sind ein christliches Magazin.
Nico: Das heißt, ich habe natürlich auch Kontakt in der christlichen Bubble mit Leuten,
Nico: die auch, das ist immer eine Minderheit, aber eine Minderheit, die auch AfD wählt.
Nico: Und da auch, wo dann so Dinge, so Sätze fallen wie die AfD ist die einzige Partei,
Nico: die noch christliche Werte hat in ihrem Parteiprogramm.
Nico: Gerade so diese Themen Mann und Frau, Ablehnen von Gender und LGBT und so.
Nico: Abtreibung natürlich, also Lebensrecht, Lebensschutz und dass Christen doch
Nico: eigentlich AfD wählen sollten.
Nico: Also es ist nicht die Mehrheit, aber es ist eine,
Nico: innerhalb derer, die AfD wählen, gibt es eben auch Christen,
Nico: die das dann so begründen und die sich dann auch wohl ganz gut aufgehoben fühlen in der AfD.
Nico: Und mich würde mal interessieren, ob das Thema Glaube irgendwie eine Rolle gespielt hat.
Nico: Bei der CDU haben wir das schon im Namen, das wird auch immer wieder betont,
Nico: christliches Menschenbild, Christdemokratie, wir leben nach jüdisch-christlichen
Nico: Werten, heißt sie dann auch und so weiter.
Nico: Bei anderen Parteien gibt es auch entsprechende Bezüge, wenn auch deutlich weniger
Nico: ausgeprägt, aber da gibt es dann auch Leute, die in der Kirche aktiv sind und
Nico: so in allen Parteien eigentlich.
Nico: Wie hast du das erlebt in Gießen auf dem Gründungsparteitag der Generation Deutschland?
Nico: Hat da das Thema Glaube irgendeine Rolle gespielt und wenn ja, in welcher Art?
Root: Marginal würde ich sagen.
Root: Visuell hier und da, weil auf dem blauen Sakkus neben deutscher Flagge-Sticker
Root: oder so einem Anstecker ich einige Fische gesehen habe tatsächlich.
Nico: Also dieser Ich-Tüss-Fisch für das Erkennungszeichen der Christen.
Root: Man scheint damit sich irgendwie als Christ ja noch zu outen und möglicherweise
Root: das auch damit zu zeigen, dass man als Christ dort in der AfD ist.
Root: Das war aber so ziemlich das Einzige. In einer Rede ist mal der Satz gefallen,
Root: aber auch eigentlich nur, um sich gegen den Islam auszusprechen beziehungsweise
Root: abzugrenzen, unser Land ist durch christliche Werte geprägt.
Root: Welche das sind und warum die schützenswert sind, was das für diejenige Person
Root: bedeutet, das weiß ich nicht.
Root: Aber das war eigentlich so ziemlich das Einzige Mal, wo das Wort christlich
Root: gefallen ist. Man muss natürlich sagen, wir waren da den ganzen Tag stundenlang
Root: von morgens bis abends, auch ich gehe mal zwischendurch auf die Toilette oder
Root: hole mir mal was zu essen.
Root: Ich musste natürlich auch O-Töne sammeln und mich ein bisschen umschauen.
Root: Zwischendurch ist Herr Höcke noch aufgetaucht.
Root: Da muss man natürlich mal vorbeigucken.
Root: Ich habe jetzt nicht alle Reden von vorne bis hinten gehört,
Root: aber ich würde sagen, die meisten.
Root: Ich war schon sehr aufmerksam. Es ist ja nun auch ein Event gewesen.
Root: Die AfD öffnet ja nicht alle Tage ihre Toren dafür und hat auch schon angekündigt,
Root: bei den nächsten Kongressen nicht mehr so viele Presseleute einzuladen,
Root: auch im Vorfeld schon angekündigt.
Root: Aber das, was ich gehört habe, da kam das nicht.
Root: Also da habe ich nicht viel von christlichen Werten, Glaube,
Root: Prägungen derart, habe ich nicht wahrgenommen.
Nico: Dann war ja irgendwann, weißt du ja, zugedröhnt mit Parteitagsreden von dieser
Nico: neuen Jugendorganisation und bist dann irgendwann nach Hause gegangen.
Nico: Wie war es dann, als du das Gelände verlassen hast? Wie hast du dein Gießen wahrgenommen?
Root: Ja, ich hatte vor dem Moment ehrlicherweise ziemlich großen Respekt,
Root: weil ich tagsüber von meinen Kollegen, also wir waren zu acht an diesem Tag
Root: unterwegs und sieben von uns waren draußen unterwegs, also auch zwischen den
Root: Fronten, da wo es richtig heiß herging.
Root: Also nicht nur auf dem Friedensdemo oder so, sondern in Heuchelheim,
Root: auf der Konrad-Aalenauer-Brücke und so weiter.
Root: Da, wo dann teilweise auch Wasserwerfer eingesetzt wurden.
Root: Und im Vorfeld wurden wir auch gewarnt, wir sollen unsere Presseausweise mitnehmen,
Root: am besten eine Weste tragen.
Root: Es gab eine Hotline für Presseleute, an die sie sich wenden konnten,
Root: von der Polizei, die einen im schlimmsten Fall irgendwo hin eskortiert hätten sozusagen.
Root: Und als dann der Kongress so um halb sieben zu Ende war, bin ich natürlich nicht
Root: mit dem AfD-Landesverband wieder in dieses hessische Dorf gefahren.
Root: Das wäre etwas umständlich gewesen, denn ich komme ja aus Gießen.
Root: Und ja, ich bin dann einfach aus der Halle gestiefelt und habe gedacht,
Root: alles klar, jetzt gucken wir mal, was hier los ist.
Root: Und bin durch die Polizeikontrolle ohne Probleme, die wollten gar nichts von
Root: mir sehen, bin über die Konrad-Adenauer-Brücke gelaufen. Da standen dann noch
Root: so ein paar Demonstranten, aber total friedlich zusammen.
Root: Es gab ja so eine Clowns-Gruppe, die irgendwie so friedlich demonstriert hat
Root: und zwischendurch auch irgendwie die Polizisten mit Wasserpistolen abgespritzt hat.
Root: Also es war so ein grotesker, lustiger, friedlicher Gegenprotest.
Root: Und als ich vorbeikam, wedelte ein Clown da gerade dem anderen Polizisten irgendwie
Root: gerade am Helm rum. Also es war einfach lustig.
Root: Dann bin ich am Ostwaldsgarten vorbei. Da hatte kurz vorher Kraftklub gespielt.
Root: Da war die Bühne noch aufgebaut und da waren noch ein paar Leute,
Root: die haben dann da rumgetanzt und ich bin weiter über den Marktplatz und da ist die Dichte an.
Root: Keberbuden sehr hoch und da waren dann überall Schilder in den Fenstern,
Root: Stadtbildverschönern und so.
Root: Und es herrschte einfach überall so eine fröhliche und ausgelassene Stimmung,
Root: die für mich persönlich ein totales Kontrastprogramm darstellten zu dem,
Root: was ich halt den ganzen Tag über gehört habe in diesen Hessenhallen.
Root: Denn das war wirklich die geballte Ladung an Rechtspopulismus,
Root: wie ich finde, auch offenherzigen Fremdenhass mit dem klaren Willen,
Root: Leute wirklich gezielt auch nicht integrieren und ausstoßen,
Root: sondern ausstoßen zu wollen.
Root: Und ich bin häufig in Gießen unterwegs, zu Fuß mit dem Fahrrad.
Root: Und ich habe die Stadt selten so gelassen und fröhlich erlebt,
Root: wie nach diesen ganzen Demonstrationen, die gelaufen sind.
Root: Zu Hause hatte meine Tochter noch einen Regenbogen an die Tür gemalt.
Root: Also es war einfach so, dass ich mir persönlich dachte, so hier kann ich andocken,
Root: hier ist die Welt echt noch in Ordnung.
Root: Und so will ich leben. Und das ist das, wo ich mich persönlich auch mit meinen
Root: christlichen Werten und mit meiner Prägung eher wiederfinde als in dieser Halle,
Root: mit diesem sehr ausschließenden Menschenbild,
Root: was ich wahrgenommen habe durch die Reden und durch das Auftreten mancher junger AfDler dort.
Nico: Danke Ruth für dein Schlusswort und deine Zeit und gut, dass du das auch ganz gut überstanden hast.
Nico: Deinen Artikel in deinem Gießener Anzeiger, den verlinken wir natürlich.
Nico: Und ja, danke für deine Zeit.
Root: Ja, gerne.
Nico: Und euch danke ich fürs Zuhören. Schön, dass ihr dabei wart.
Nico: Ich würde mich natürlich freuen, wenn ihr unsere Folge bewerten würdet. Mit wie vielen Sternen?
Root: Wie viel gibt es denn?
Nico: Fünf?
Root: Ja, klar, fünf.
Nico: Ja, okay, also fünf Sterne, wenn euch diese Folge gefallen hat.
Nico: Und natürlich freuen wir uns über ein Abo, dann verpasst ihr nämlich auch keine Folge mehr.
Nico: Dann wünschen wir euch noch eine gute Zeit und bis zum nächsten Mal.
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